Entscheidung

Mainz | Centrum für Fundamentale Physik | Neubau Labor- und Bürogebäude CFP II

Nichtoffener Wettbewerb mit vorgeschaltetem offenem Bewerberverfahren
Ausgelobte Summe: 242.000,00 € (brutto) inkl. Material und Honorar

Anlass und Ziel:
Im Rahmen des Exzellenzclusters PRISMA+ entsteht auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz das Centrum für fundamentale Physik (CFP), welches sich aus verschiedenen Baumaßnahmen zusammensetzt. Neben dem Umbau und der Erweiterung von großen unterirdischen Experimentierhallen sowie technischen Funktionsgebäuden (CFP I) ist das Labor- Bürogebäude ein Teil dieser notwendigen Infrastruktur für das PRISMA+ (CFP II) im Staudinger Weg.
Aufgrund der hohen funktionalen, labortechnischen und baurechtlichen Anforderungen, welche an das Gebäude CFP II sowie an den auf dem Baufeld begrenzt zur Verfügung stehenden Außenbereich gestellt werden, sowie der Tatsache, dass das Exzellenzcluster auch zukünftig in unterschiedlichen Gebäuden verortet sein wird (neben CFP I und CFP II auch im Helmholtz- Institut Mainz (HIM) direkt nördlich an das CFP II angrenzend sowie im gegenüberliegenden Kreuzbau), soll im Rahmen der künstlerischen Ausgestaltung ein identitätsstiftender Ort der Begegnung im Außenraum geschaffen werden. Dieser Ort soll Austausch und Aufenthalt der verschiedenen Disziplinen zulassen und fördern und zu einer Aufwertung des Campus beitragen.

Verfahren:
Eingeladener anonymer, nichtoffener Kunst am Bau Wettbewerb mit vorgeschaltetem offenen europaweiten Bewerberverfahren

Eingeladene Künstlerinnen und Künstler:
1.    Stefan Kern
2.    Candy Lenk
3.    Christian Odzuck
4.    Birgit Schuh
5.    Nicole Six und Paul Petritsch
6.    Stefan Sous
7.    Albert Weis
8.    Barbara Wille

Wettbewerbsaufgabe (Auszug):
Mit dem Centrum für Fundamentale Physik, kurz CFP, dem Helmholtz-Institut Mainz (HIM), dem Institut für Physik und dem Institut für Kernphysik sind mehrere Institute des Exzellenzclusters PRISMA+ in enger Nachbarschaft auf dem Campusgelände verortet.
Der nördlich des Kreuzbaus angrenzende Grünbereich verbindet einen Teil dieser Institute. Es handelt sich um eine hügelige Grünfläche mit Grasbewuchs, freistehenden Bäumen, Hecken und Gehölz. Trotz der begrenzten Ausdehnung ist diese Außenfläche als teils parkartige Landschaft erfahrbar. Sie wird von wenigen gepflasterten Fußwegen gequert, die häufig frequentiert werden, weil sie neben den Instituten auch große KFZ-Stellflächen und das Mensagebäude verbinden. Das Kunstwerk „Integration“ von Erich Reusch aus dem Jahr 1988/1989 markiert das nördlich angrenzende Gelände.
Die im Plan grün markierte Fläche soll eine künstlerische Ausgestaltung erfahren. Nur die dunkelgrün gekennzeichnete Fläche hat unbegrenzten Bestandsschutz, das Bearbeitungsfeld darüber hinaus könnte in den nächsten Jahrzehnten umgestaltet werden und ist daher vom Urheberschutz ausgenommen.
Ein wichtiges Element der wissenschaftlichen Arbeit ist die fachliche, auch interdisziplinäre Kommunikation, sowohl in konzentrierten geplanten Besprechungen als auch im informellen, zufällig zustande gekommenen, Austausch. Man trifft sich zu zweit oder in kleineren oder größeren Gruppen.
Es soll mit der künstlerischen Intervention ein Begegnungsort im Außenbereich geschaffen werden, der zum Verweilen einlädt und zur Kommunikation anregt. Dieser Ort soll eine besondere Atmosphäre erhalten, er soll eine Insel für Gespräche sein, die in unterschiedlicher Zusammensetzung stattfinden können, im zugeneigten Sitzen und vielleicht auch bewegt, wie im Kreuzgang im Kloster. Die Offenheit für zufällige Begegnungen ist wichtig, aber auch eine gewisse Kontemplation und Abgeschiedenheit.
Die Vielfalt des hügeligen kleinen Landschaftsraumes mit seinen Durchblicken und Einfriedungen kann als Anregung und Bezugsraum dienen. Die Natur sollte erfahrbar bleiben. Eine assoziative Annäherung an die Themenwelt der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist möglich, aber nicht Bedingung.
Die Wahl der Materialien und Techniken ist je nach der Konzeption der künstlerischen Arbeit frei wählbar.

Entscheidung Preisgericht:
Das Preisgericht tagte am 20.06.2023 in Mainz und wählte anhand von 8 fristgerechten und den entsprechenden geforderten Unterlagen in der Auslobung eingereichten Wettbewerbsarbeiten aus.
Nach drei Rundgängen entschied das Preisgericht sich für die Tarnzahl 1014, mit der Empfehlung, den Entwurf mit der Ausführung des künstlerischen Werks zu beauftragen.

Tarnzahl                 1014
Künstlername        Candy Lenk
Titel                        INKUBATOR

Begründung der Jury (Auszug):
Mit seiner klaren Form und artifiziellen Oberflächengestaltung hebt sich der INKUBATOR vom landschaftlich gestalteten Außenraum ab. Die oft zitierte Form des Amphitheaters erfährt in der technoid anmutenden Formensprache der Details und der Außenwirkung eine zeitgenössische Interpretation. Damit weckt die gebogene Form Assoziationen an ein Radioteleskop. Dies und der „Blick zum Universum," den die schalenartige Kubatur assoziiert, sind intelligente Bezüge zu der Arbeit der Physiker des Institutes.
Mit der horizontalen Fügung der Sitzstufen und der feinen Kantenausbildung wird die horizontale Gliederung der umliegenden Fassaden aufgenommen.
Die konzentrische, nach außen abgeschlossene und dennoch durchwegebare Raumbildung ermöglicht den informellen sowie kontemplativen Austausch und lässt gleichzeitig Diskurse in größeren Gruppen zu.

Konzeptidee von Candy Lenk:
Dem Sozialpsycholgen Graham Wallas zur Folge haben kreative Prozesse verschiedene Phasen. Vorangestellt ist das Zusammentragen und Verbinden von bestendendem Wissen, Ressourcen und Material. Raumphänomenologisch sind dies Prozesse des Zentrierens, des Sammelns und des Verknüpfens. In der folgenden Phase der Inkubation trennt sich der kreative Mensch vom Problem und gewinnt Abstand. In dieser Phase öffnet sich der Geist mit spielerischer Leichtigkeit für neue Assoziationen und äußere Einflüsse. Einstein nannte das "kombinatorisches Spiel“. Diese Phase ist wenig steuerbar, sie steht in Verbindung mit tiefen Schichten des Geistes und endet im besten Fall mit dem „Heureka!“ beim Spaziergang. Räumlich betrachtet ist das eine Phase der Öffnung und Bewegung.
Der ,Inkubator’ schafft einen räumlichen Rahmen für diese kreativen Prozesse des Sammelns und der Bewegung. Es vereinigt den transitorischen Raum der Passage mit einem umschließenden, zentrierenden Gefäßraum. Hier entsteht ein bergender, zum Himmel geöffneter Denkraum, der neben gezieltem Versammeln durch Bewegungen entlang des Weges auch zufällige Begegnungen fördert.
Das Kunstwerk nutzt den vorhanden kleinen Hohlweg topografisch und bettet sich in Weg- und Bewegungsraum der Parklandschaft ein. Durch die klare Kreisgeometrie bildet das Werk einen Gegenpol zu den amorphen, natürlich wuchernden, tiefen Strukturen des umgebenden Grünraums. In der Materialität schafft das Kunstwerk mit seiner reinen, glatten und hellen Werksteinoberfläche ein Gegenüber zur Natur.
Unterstützt durch die erhöhte Geländeposition, Form und Material wird ein im städtebaulichen Maßstab wirksames, eigenständiges Zentrum und symbolhaftes Zeichen gebildet, das in das Wegesystem des Campus eingewoben ist. In der Betrachtung vom Staudingerweg zeigt sich das Werk als geschlossenes Gefäß. Nähert man sich über den Weg zum Institut für Physik, öffnet es sich, offenbart sein Inneres und bildet eine Torsituation.
 

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